Mittwoch, 3. Februar 2010

Zwischenbericht

Schon seit der 6. Klasse war mir klar, dass ich ein Freiwilliges Soziales Jahr in Südamerika machen wollte. Zum einen natürlich weil ich die Sprache lernen wollte, zum anderen weil mich die Kultur und das Land interessierte und auch weil eine Bekannte sehr viel Tolles über ihr FSJ ihn Honduras erzählt hatte.

Als ich dann im Dezember 2008 den Anruf erhielt, dass ich nach La Paz dürfte, war ich sehr froh und aufgeregt und konnte es kaum mehr erwarten.

Im Mai fand dann das Vorbereitungsseminar in Regensburg statt. Wir Freiwilligen haben uns von Anfang an alle sehr gut verstanden und die Berichte und Fotovorträge der ehemaligen Freiwilligen haben mir so einige Ängste und Befürchtungen genommen. Ich freute mich auf all das, was vor mir lag und wusste schon damals, dass ich den Schritt mich bei Arco Iris anzumelden nicht bereuen werde.

Am 27. Juli 2009 ging es dann endlich los und nach fast 30 Stunden Reise kamen wir dann am Flughafen in El Alto an. Auf dem Weg vom Flughafen zum Haus der Freiwilligen prasselnden dann tausende von neuen Eindrücken auf uns ein: die dünne Luft, die gigantische Stadt mit ihren Felsen und den vielen Häusern, der Illimani, Cholitas, Straßenhunde und und und…
Mit der Höhe selber hatte ich zum Glück nie wirklich Probleme.

Die ersten paar Wochen in La Paz waren dann mit gemischten Gefühlen gefüllt. Auf der einen Seite dachte man doch noch viel an Deutschland, an die Familie, an die Freunde und auch an den Partner. Man war eben noch nicht so wirklich hier in Bolivien angekommen, man kannte sich noch nicht wirklich aus, lernte erst so langsam alle Projekte der Fundación kennen und es war alles so ungewiss, wo und mit wem man für das nächste Jahr arbeiten wird. 
Auf der anderen Seite war man aber auch froh, die Möglichkeit zu haben dieses Freiwillige Soziale Jahr bei der Fundación Arco Iris zu machen und man freute sich auf all das, was noch vor einem lag und konnte es kaum erwarten endlich zu arbeiten und eine Aufgabe zu haben.

Nach ungefähr zwei Wochen wurde dann entschieden wer in welchem Projekt arbeiten wird.  Ich habe mich, ebenso wie Marcia, für das „Centro Betania“ entschieden. Das „Centro Betania“ ist eine Hausaufgabenhilfe und ein Kindergarten und insgesamt betreuen wir 170 Kinder und Jugendliche im Alter von 1 bis 14 Jahren.
Morgens kommen die Älteren (6.-8. Klasse) und mittags die Kleinen 
(1.-5.Klasse).
Wir helfen bei den Hausaufgaben, spielen, basteln, reden, knuddeln und essen gemeinsam mit den Kindern.
Am Anfang war es im Projekt schon etwas schwierig. Wir wurden zwar total lieb und freudig vom Personal und auch von den Kindern aufgenommen, doch niemand sagte uns so wirklich, was wir überhaupt für Aufgaben hatten. 
Außerdem war bereits eine andere Volontärin da, die wusste wie alles abläuft. Auf der einen Seite war das natürlich gut, da wir mit allen Fragen und Problemen auf sie zukommen konnten, doch auf der anderen Seite hatte sie ihre festen Aufgaben, wie zum Beispiel den Englischunterricht, was eben dazu führte, dass Marcia und ich nicht wirklich viel zu tun hatten und uns oftmals auch ein bisschen verloren und überflüssig vorkamen. 
Mit der Zeit kristallisierten sich dann jedoch immer mehr Aufgaben heraus und mittlerweile arbeiten wir sowohl in der Hausaufgabenbetreuung als auch im Kindergarten. Vier mal die Woche gebe ich Englischunterricht, was mir wirklich Spaß macht, wir gehen ab und zu mit den Kindern zum Arzt und begleiten die Tutoren bei Familienbesuchen. Für mich sind diese Familienbesuche sehr wichtig, denn dadurch lernt man auch das Zuhause und die bestehende Lebenssituation der einzelnen Kinder kennen und man baut eine viel engere Beziehung zu den Kindern auf, da man weiß, wie sie leben und welche Probleme zuhause bestehen. 
Was ein bisschen schade ist, ist der Platzmangel bei uns im Projekt. Das Haus ist sehr klein und für die vielen Kinder einfach viel, viel zu eng. Der kleine Hof reicht kaum für alle Kinder aus und auch die Klassenräume sind teilweise viel zu klein für die großen Klassen.
Trotz dessen, muss ich aber sagen fühle ich mich mittlerweile in meinem Projekt sehr, sehr wohl und ich habe definitiv das richtige Projekt für mich ausgewählt. Meine Arbeit macht mir Spaß, auch wenn ich nicht so viel Verantwortung habe wie andere Volontäre in anderen Projekten. Aber ich mag die Kinder sehr und viele von ihnen habe ich auch wirklich schon in mein Herz geschlossen. Vor allem jetzt nach den Ferien und dem einen Monat, in dem ich im Krankenhaus gearbeitet habe, merke ich wie toll unser Projekt eigentlich ist und ich freue mich wirklich auf das nächste halbe Jahr mit den Kindern und dem Personal!

Dadurch, dass dieses Jahr ja vier Engländer dabei sind, wurden wir auf zwei WGs aufgeteilt- „die Wohnung“ und „das Haus“. Am Anfang des Jahres haben wir es ganz gut hingekriegt den Kontakt zwischen den beiden Häusern aufrecht zu erhalten. Man hat sich nach der Arbeit noch getroffen oder auch öfters am Wochenende gemeinsam etwas unternommen. Mittlerweile sind es leider doch mehr oder weniger zwei getrennte WGs, die wenig miteinander zu tun haben. Nicht mal Weihnachten haben wir zusammen gefeiert. Man kommt gut miteinander aus, versteht sich relativ gut miteinander, aber mehr Verbindung besteht leider nicht wirklich. Ich persönlich fühle mich in meiner WG – „der Wohnung“- richtig wohl! Wir kommen alle super miteinander aus (auch wenn der Haushaltsplan öfters mal nicht eingehalten wird) und es sind wirklich schon richtige Freundschaften entstanden. 

Als Ausgleich zur Arbeit habe ich für mich das Tanzen entdeckt. Ich hatte bereits in Deutschland viel getanzt und im November habe ich auch hier in La Paz das Tanzen begonnen. Die Leute dort haben mich von Anfang an total nett aufgenommen und ich verbrachte immer mehr Zeit im Studio und mit den Leuten der Akademie. Mittlerweile bin ich im Präsentationsteam, wir haben Auftritte im Fernsehen und fahren Ende Februar sogar zu einem nationalen Tanzwettbewerb. Dadurch, dass ich so sehr in diesem Studio integriert bin, habe ich natürlich auch sehr viel Kontakt zu Bolivianern und bekomme auch sehr viel von der bolivianischen Kultur und den Lebensweisen mit. Und ich weiß jetzt bereits, dass mir der Abschied von ihnen allen sehr, sehr schwer fallen wird!

Jetzt, nach 6 Monaten in Bolivien kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich damals im Dezember 2008 durchaus den richtigen Schritt gewagt habe und ich mittlerweile auch wirklich hier in Bolivien „angekommen“ bin! Ich bin sehr froh, dass ich mich letztendlich für das Freiwillige Soziale Jahr bei der Fundación Arco Iris entschieden habe! Man macht so viele neue Erfahrungen (natürlich sowohl gute als auch schlechte), lernt so viele neue, tolle Leute kennen und erlebt einfach so viel, was man in Deutschland nicht erlebt hätte. Und mit jeder Herausforderung, die man hier bewältigen muss, wächst man ein kleines Stückchen mehr.

Das Zwischenseminar in Santa Cruz hat mir viel geholfen um wieder ein bisschen Kraft zu tanken, mich neu zu motivieren und neue Ideen zu sammeln.

Doch leider vergeht die Zeit hier viel, viel zu schnell und wir haben alle jetzt schon Angst vor dem Moment, in dem wir uns von Bolivien und den lieb gewonnenen Menschen hier verabschieden müssen!
Aber wie sagt man so schön : „Wer einmal in Bolivien war, der kommt irgendwann auch wieder zurück“ – und zurück kommen werde ich auf jeden Fall irgendwann, da bin ich mir ganz sicher…

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